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VDE RHEIN-RUHR, Bernhard Hülsdau
03.02.2023

Hochwasserkatatstrophe an Ahr und Erft... Vortrag am 27.01.2023

Am 27. Januar 2023 eröffnete die Seniorengemeinschaft im VDE Rhein-Ruhr ihr diesjähriges Programm in der TU Dortmund mit einem Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Lars Jendernalik, Leiter Assetmanagement der Westnetz GmbH und Vorstandsvorsitzender unseres Bezirksvereins, mit dem Thema „Unwetterkatastrophe an Ahr und Erft im Juli 2021: Krisenbewältigung und Chance“, vor 33 SG-Mitgliedern und 7 Gästen aus der TU.

Während es im Westnetz-Gebiet durch das Starkregentief „Bernd“ am 14.-16. Juli 2021 im Kreis Euskirchen und im Raum Hagen-Wuppertal vor allem zu schweren Hoch- und Oberflächenwasserschäden kam, mit bis zu 130.000 nicht versorgten Einwohnern und 350 teils zerstörten Netzstationen, waren die Auswirkung im Ahrtal durch die Flutwelle ungleich schwerer, mit teilweise völlig zerstörter Infrastruktur wie Straßen, Brücken und Bahnen und Häusern, mit bis zu 70.000 nicht versorgten Einwohnern und 700 teils  zerstörten Netzstationen; 1500 km Kabel wurden überflutet oder gar weggespült.  

Herr  Jendernalik beschrieb, wie die Notfallstäbe NRW und RLP und der Krisenstab umgehend einberufen und wie die zentralisierte   Kommunikation und die Koordination mit den kommunalen und Landesbehörden sowie den Installateuren eingerichtet wurden. Westnetz selbst hatte bis zu 800 Mitarbeitern  im Einsatz  und wurde von anderen  Schwestergesellschaften  im E.ON-Konzern unterstützt, z. B. mit einem 110-kV-Container-Umspannwerk in  Sinzig, das von der Avacon zur Verfügung gestellt wurde. Besondere   Problemkreise waren die Personenschutzanzüge, die Treibstoffversorgung der mobilen  Notstromaggregate und die nötige Priorisierung des Bauaggregateeinsatzes vor dem elektrischer Bautrockner, um Überlastungen des Netzes zu verhindern.

Bis Ende Juli waren 99% der Stationen wieder in Betrieb, der Mobilfunk schon nach 36 Stunden, und es gab keine schweren Unfälle. 

Es setzte dann die Phasen der Netzstabilisierung und der systematischen Netzerneuerung ein, mit der Abwägung, welche wie schwer geschädigte Kabel vorgezogen zu erneuern und welche Stationen völlig neu, etwa in 30 m höherer Lage aufzubauen waren. Mehr digitale Netztechnik würde erlauben, den Schadensumfang noch schneller zu erfassen und den Ersatz von Betriebsmitteln noch gezielter einzuleiten.

Zusammenfassend ließ sich aber feststellen, dass die Kostenschätzungen „einer hohen zweistelligen Millionensumme“ eingehalten werden konnten, zumal 2021 noch keine Preissteigerungen einsetzten, im Gegensatz zu 2022. Der Wiederaufbau der Stromnetze   muss nachhaltig, resilient und zukunftsgerichtet gestaltet werden, die Neubauregionen sollen zu einer Modellregion für moderne Stromnetze werden, auch im Hinblick auf Energiewende und Elektrifizierung des Individualverkehrs. Es bedarf dazu auch beschleunigter Planfeststellungs-, Genehmigungs- und Beteiligungsverfahren und einer Erleichterung der Vergabeverfahren.

In der anschließenden Diskussion wurde die Frage der Versicherung angesprochen – Energieversorger wie die Westnetz sind im Allgemeinen nicht versichert, und es muss entsprechend der Risikoanteil in den Investmitteln für den Neuaufbau neu bewertet werden, was u. U. zu Diskussionen mit der Bundesnetzagentur hinsichtlich der Höhe der Netzentgelte führen kann. Es gab und gibt einen intensiven Austausch der Energieversorger über das FNN im VDE. 

Andreas Steimel